Genitalbeschneidung bei Mädchen (Female Genital Mutilation, FGM) Inhalt Vorkommen
Weltweit sollen etwa 140 Millionen (nach Schätzung der Weltgesundheitsorganisation, WHO, 85 bis 115 Millionen) Mädchen und Frauen Opfer derartiger Eingriffe geworden sein. Jährlich droht weiteren 2 Millionen Mädchen ein solcher Eingriff. Die genitale Verstümmelung von Frauen ist in der Tradition und Kultur der betreffenden Gesellschaften verwurzelt. Versuche, das Beschneidungsritual in Frage zu stellen, werden meist als ungerechtfertigte Einmischung von außen zurückgewiesen. In traditionellen Kulturen gilt die Genitalbeschneidung als Initiationsritus, der den Übergang vom Mädchenalter in die Phase der erwachsenen Frau markieren soll. Im Bereich dieser Tradition werden unbeschnittene Mädchen als nicht heiratsfähig angesehen. Wiederholte Verurteilungen durch Organisationen der Vereinten Nationen (Weltgesundheitsorganisation; zum Beispiel Aktionsplattform der Vierten Weltfrauenkonferenz, Peking 1995) blieben weithin wirkungslos. Auf Grund der Tatsache, dass in Deutschland rund 60 000 Frauen leben, die aus Ländern stammen, in denen es eine Beschneidungstradition gibt, schätzt man, dass hier etwa 30 000 Mädchen und Frauen von der Verstümmelung betroffen oder bedroht sind. „Terre des Femmes" nimmt an, dass in Deutschland mindestens 4 000 bis 6 000 Mädchen gefährdet sind. In der Schweiz sollen nach UNICEF etwa 6 700 Frauen und Mädchen bereits Opfer geworden sein. In England und Wales leben angeblich etwa 66 000 beschnittene Migrantinnen, und 20 000 Mädchen unter 15 Jahren droht eine Genitalverstümmelung. Trotz gesetzlicher Verbote werden die Beschneidungspraktiken offenbar bei einem Teil der Migrantinnen heimlich fortgeführt. In Frankreich, Italien, Spanien und der Schweiz ist es deshalb zu Strafprozessen gekommen. Die Eingriffe erfolgen wenn nicht im Aufnahmeland, so doch anlässlich von Reisen ins Herkunftsland. Einige Industrieländer, in denen die Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane von Einwanderungsgruppen praktiziert wird, sowie in wenigen Entwicklungsländern gibt es Gesetze, die die Beschneidung verbieten. In Dänemark, Deutschland, Finnland, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz und Frankreich zum Beispiel gilt Genitalverstümmelung als Körperverletzung und Kindesmisshandlung und ist strafbar. Engagierte Frauengruppen in den betroffenen Ländern hoffen, durch Maßnahmen der Bildung und Aufklärung das meist religiös begründete Unwesen zurückdrängen zu können. Arten der Beschneidung Infibulation ist die extremste Form der Verstümmelung weiblicher Genitalien. Sie richtet die größten gesundheitlichen Schäden an. Bei der „Pharaonischen Beschneidung" werden die Klitoris, die inneren Schamlippen sowie die inneren Seiten der äußeren Schamlippen vollständig entfernt. Beide Seiten der Vulva werden sodann mit Dornen aneinander befestigt oder mit Seide oder Katgut zusammengenäht, so dass die übrig gebliebene Haut der äußeren Schamlippen eine Brücke aus Narbengewebe über der Vagina bildet. Ein vollständiges Zusammenwachsen wird durch die Einführung eines Fremdkörpers verhindert, so dass eine kleine Öffnung verbleibt, durch die Urin und Menstruationsblut abfließen können. Traditioneller Hintergrund Das Ritual wird ausschließlich von Frauen, vor allem von den (beschnittenen) Müttern und Großmüttern der betroffenen Mädchen sowie von Hebammen, Heilerinnen und traditionellen Beschneiderinnen organisiert und praktiziert. Die wohlhabenden Bevölkerungsschichten der Städte lassen heute die Prozedur von Ärzten oder ausgebildeten Krankenschwestern in Kliniken durchführen. Den betroffenen Mädchen und Frauen wird versichert, dass sie erst aufgrund der Beschneidung von ihrer Gemeinschaft und von ihrem zukünftigen Ehemann akzeptiert werden können. Dabei verweist man auf Familienehre, hygienische Gründe, ästhetische Gesichtspunkte, Schutz der Jungfräulichkeit, Verhinderung von Promiskuität, Steigerung der sexuellen Lust des Ehemannes, Erhöhung der Fruchtbarkeit, Steigerung der Heiratschancen. Die Beschneidung soll den Brautpreis und damit die finanzielle Situation der Herkunftsfamilie des betroffenen Mädchens verbessern. Die religiöse Begründung schließt die Drohung mit negativen Konsequenzen für die Frau und ihren Geschlechtspartner ein, falls die Beschneidung unterbleibt. Die Klitoris wird dabei als bedrohliches Wesen vorgestellt, das den Ehemann oder das erwartete Kind töten kann, wenn es beim Geschlechtsverkehr oder während der Geburt berührt wird. Mythologische Drohgeschichten erzählen, dass die versäumte Beschneidung der Genitalien die Klitoris immerzu weiter wachsen lässt bis zur Größe eines Penis. Länder, in denen Genitalverstümmelung praktiziert wird Die Infibulation wird in Somalia, Dschibuti, im nördlichen Sudan, in einigen Teilen Äthiopiens, in Ägypten und Mali durchgeführt. Exzision und Klitorisbeschneidung nimmt man in Gambia, im nördlichen Ghana, in Nigeria, Liberia, im Senegal, in Sierra Leone, Guinea, Guinea-Bissau, Burkina Faso, in Teilen des Benin, an der Elfenbeinküste, in Teilen von Tansania, in Togo, Uganda, Kenia, im Tschad, in der Zentralafrikanischen Republik, in Kamerun und in Mauretanien vor. Möglicherweise gibt es auch Beschneidungen in Niger und Zaire. Außerhalb von Afrika soll es Beschneidungen von Mädchen und Frauen in Indonesien, Malaysia und im Jemen geben. Angeblich praktizieren Minderheiten- und Auswanderergruppen aus diesen Ländern, die sich in anderen Teilen der Welt angesiedelt haben, ebenfalls die eine oder andere Form der Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane. Gesundheitsschäden Rechtslage in Deutschland Eltern, die ihre Tochter aus der Bundesrepublik Deutschland ins Ausland bringen und dort eine genitale Beschneidung an dem Mädchen durchführen lassen, machen sich mit dieser Vorbereitungshandlung wegen mittäterischer Begehung eines Körperverletzungsdelikts strafbar. An dieser Rechtslage ändert auch die Einwilligung der Frau oder des betroffenen Mädchens in die genitale Verstümmlung nichts. Die Berufung darauf, dass religiöse Anschauungen oder Traditionen den Eingriff gebieten oder ihn rechtfertigen, steht der Bestrafung keineswegs entgegen. Beschneidung von Jungen
Genitale Verstümmelung bei Mädchen und Frauen: Beschneidung weiblicher Genitalien: Weibliche Genitalverstümmelung: |
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 07.07.2015 (s. admin) |