Südkorea
(Hartwig Weber, Januar 2011)

 
Karte Südkorea
 
 
 
 

Länderbericht 

Die koreanische Halbinsel ist geteilt in die Republik Korea (Südkorea) und die Demokratische Volksrepublik Korea (Nordkorea). Zwischen beiden Ländern herrschen erhebliche politische Spannungen, die durch bestimmte Ereignisse (Untergang des südkoreanischen Kriegsschiffs "Cheonan"; Artilleriebeschuss der Insel Yonpyong am 23. November 2010; militärische Übungen der USA und Südkoreas) immer wieder intensiviert werden. Entlang des 38. Breitengrades zieht sich ein breiter Grenzstreifen, an dem beidseitig umfangreiche Truppenkontingente stationiert sind.
Südkorea nimmt mit seiner Fläche von 99 392 Quadratkilometern den südlichen Teil der koreanischen Halbinsel ein. Es hat etwa 50 Millionen Einwohner (Stand 10/2010) und weist eine hohe Bevölkerungsdichte auf (480 Personen pro Quadratkilometer). Das Bevölkerungswachstum liegt jährlich bei etwa 0,25 Prozent. Ab dem Jahr 2028 wird eine Schrumpfung der Bevölkerungszahl prognostiziert. Seit Jahren findet eine starke Migration aus ländlichen Gebieten in die Städte, vor allem nach Seoul, statt.


Die Südkoreaner haben eine hohe Lebenserwartung, sie liegt für Männer bei 75,5, für Frauen bei 82,2 Jahren. Dies führt zu einer schnellen Alterung der Bevölkerung. Die größte Minderheit im Land stellen Chinesen (0,6 Millionen im November 2010). Zahlreiche Arbeiter sind aus Thailand, den Philippinen, Indien und Afrika zugewandert. Nicht wenige halten sich illegal im Land auf.


In Südkorea ist die Selbstmordrate die höchste aller OECD-Staaten. Im Jahr 2008 nahmen sich 12 270, ein Jahr später 14 579 Menschen das Leben -, das sind etwa 40 Personen pro Tag.


46 Prozent der Südkoreaner bezeichnen sich als religionslos. Jeweils 26 Prozent sind Buddhisten und Christen. Seit etwa 600 n. Chr. erlangte der Konfuzianismus zunehmende Bedeutung und prägt bis heute die südkoreanische Gesellschaft. Das Christentum breitete sich ab dem Jahre 1784 durch koreanische Intellektuelle aus, die in China Christen begegnet waren. Seit den 1960er Jahren erlebt das Christentum in Südkorea einen beispiellosen Aufstieg.

Durch den großen Einfluss des Konfuzianismus erhält Bildung in Südkorea einen hohen Stellenwert. Das Land weist eine der höchsten Alphabetisierungsraten auf. Rund 97 Prozent jedes Schuljahrgangs schließen die High School erfolgreich ab. Mit diesem Wert liegt Südkorea weltweit an der Spitze Die gute Ausbildung der Bevölkerung gilt als wesentlicher Grund für den starken wirtschaftlichen Aufschwung, den das Land in zurückliegender Zeit genommen hat.

Straßenkinder in Südkorea
Über die Situation von Straßenkindern in Korea geben Untersuchungen seit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts und insbesondere die Publikation von Woong-Soo Kim: Jugend und Jugendhilfe im Modernisierungsprozess. Eine vergleichende Studie über Straßenkinder in Deutschland und Südkorea, Hamburg 2007 Aufschluss. Herausgefallen aus ihren familiären und sozialen Bezügen, halten sie sich insbesondere rund um die Einkaufszonen und U-Bahnhöfe der großen Städte auf. Wie überall auf der Welt ist ihr Alltag von Hunger, Kälte, Obdachlosigkeit und Kriminalität geprägt. Sie leiden unter Überlebensangst, Verachtung und Krankheiten, die ihr Alltag verursacht. Oft haben sie die Schulausbildung abgebrochen. Dadurch sind ihre Berufsbildungschancen minimiert. Die Analphabetenrate unter Straßenkindern ist hoch.


Die meisten jugendlichen Straßenbewohner haben den Kontakt zu ihren Familien abgebrochen. Sie betteln und stehlen, um zu überleben. Je länger sie auf der Straße leben, um so delinquenter werden sie. Rasch machen sie Erfahrungen mit Alkohol und Tabak. Von den legalen Drogen gehen sie zu illegalem Konsum - Klebstoff, Lösungsmittel schnüffeln, Butangas inhalieren - über. Der Gebrauch von Rauschgift und die Drogenkriminalität nehmen in Südkorea in den letzten Jahren beständig zu. Die meisten Jugendlichen der Rauschgiftszene sind zwischen 16 und 19 Jahren alt.


Wie in anderen Ländern kommen Kinder und Jugendliche, die ihr Leben auf der Straße fristen, meist aus belasteten Familien, in denen der Alltag von Diskontinuität, Trennungen, problematischen Beziehungen, Suchtverhalten, Gewalt und Missbrauchserfahrung geprägt ist. Materielle Armut ist meist der hauptsächliche "push-Faktor" (Woong-Soo Kim: Jugend und Jugendhilfe, S. 104). Hinzu kommt ein Schulsystem, in dem starker Leistungsdruck, harte Konkurrenz und täglicher Stress herrschen, die oft zur Überforderung der Jugendlichen führen.


In den Banden und Clicken - den Notgemeinschaften der Straße -, denen sie sich anschließen, herrschen Normen, die vom gesellschaftlich Üblichen abweichen. Diebstähle, Autoeinbrüche, Erpressungen, die dem Überleben dienen, sind an der Tagesordnung.

 

Kinder- und Jugendschutz
Südkorea ist der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen beigetreten. 1981 wurde ein "Kinderwohlfahrtsgesetz" verabschiedet, dessen Ziel es ist, "das Wohl des Kindes zu sichern und somit dessen gesunde Geburt sowie ein glückliches und gesundes Wachstum zu ermöglichen". Eine besondere Rolle spielt dabei die Fürsorge für hilfsbedürftige Kinder. 1987 folgte ein "Jugendgrundgesetz", das 1991/92 novelliert wurde (Woong-Soo Kim: Jugend und Jugendhilfe, S. 125). Darin fehlt allerdings eine Rechtsgrundlage für die Arbeit mit Straßenkindern. Deren Existenz wird vom Staat rundweg negiert.


In Anknüpfung an das Wohlfahrtsgesetz wurden in den Städten Beratungsstellen für Kinder, Jugendliche und ihre Familien eingerichtet. Das Jugendgrundgesetz verpflichtet zu Maßnahmen der Prävention für jugendliche Ausreißer und gegen Jugendkriminalität. In Krisensituationen werden hilfsbedürftigen Kindern und Jugendlichen vorübergehende Unterkunftsmöglichkeiten in Schutzstellen geboten.


Insgesamt gesehen, gibt es in Korea nur wenige Organisationen und Einrichtungen, die sich für den Schutz und die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen auf der Straße einsetzen. 62 Jugendverbände sind in einem Jugendausschuss zusammengeschlossen. Sie sind für die Bereiche Sozialpädagogik, Erziehung, Gemeindeentwicklung, Sozialdienste, Freizeit sowie für den internationalen Jugendaustausch zuständig. Den meisten Organisationen mangelt es an Geld, an Sozialarbeitern und Sozialpädagogen. Vor allem fehlt es an gesetzlich verbindlichen Förderrichtlinien.
Eine wichtige Rolle in der Jugendhilfe und in der Arbeit mit Straßenkindern spielen die christlichen Kirchen. Das seit 1921 existierende Sozialhaus Tae-Hwa widmet sich der Bildung armer Kinder und Jugendlicher. Es gründete 1998 eine Jugendeinrichtung, die Straßenkindern eine "schützende Hilfe" in einem Wohnprojekt sowie Krisen- und Sozialberatung anbietet. Für Mädchen, die auf der Straße leben, wurde 1995 ein Jugendwohnheim in Seoul durch Unterstützung von YWCA (Young Womans Christian Association) eröffnet (vgl. Woong-Soo Kim: Jugend und Jugendhilfe, S. 131).

 

Literatur

- Woong-Soo Kim: Jugend und Jugendhilfe im Modernisierungsprozess. Eine vergleichende Studie über Straßenkinder in Deutschland und Südkorea, Hamburg 2007.

- Won-Ki Choi: Jugenkultur in Korea, Seoul 2000.

- Hyang-Cho: Interventionsmethodik bei Straßenkindern, Seoul 2001.

- Young-Si Kim: Die Straßenkinder - ihre Lebenswelt und ihre Überlebensstrategien. Korea Institute for Youth Development, Seoul 1995.

 



Letzte Aktualisierung dieser Seite: 27.09.2012 (s. admin)