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Bedrohte Kindheiten

Hintergründe
(Hartwig Weber, 2012)

 

Die Menschheit, ein „globales Dorf" 

Auf der Erde leben ungefähr 7 Milliarden Menschen. Niemand kann sich eine so große Zahl konkret vorstellen. Deshalb haben drei österreichische Autoren die Verhältnisse auf der Welt herunter gerechnet auf ein Dorf mit 100 Einwohnern (vgl. Josef Nussbaumer, Andreas Exemberger, Stefan Neuner: Unser kleines Dorf, Kufstein 2009). Mit dieser Metapher kann man sich leichter globale, demographische und ökonomische Zusammenhänge veranschaulichen.

Die Verhältnisse in diesem „Weltdorf“ würden dann folgendermaßen aussehen: (Zum Folgenden siehe Ute Scheub, Yvonne Kuschel: Beschissatlas. Zahlen und Fakten zu Ungerechtigkeiten in Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt, Frankfurt am Main 2012, S. 8ff. Vgl. auch www.weltbevoelkerung.de; www.weltagrarbericht.de/downloads/Wege_aus_der_hungerkrise_2.4MB.pdf)

Bevölkerung
61 Asiaten
15 Afrikaner
11 Europäer
13 Amerikaner

Alter
27 Menschen sind
Kinder unter 15 Jahren.
65 Personen sind Jugendliche und Erwachsene zwischen 15 und 64 Jahren.
8 Menschen sind 64 und älter.
89 sind Heterosexuelle.
11 sind Homosexuelle.

Sprachen
20 sprechen chinesische Sprachen,
7 Hindi und Urdu,
7 Arabisch,
2 Japanisch,
2 Deutsch.
70 sind Nicht-Christen,
30 Christen.

Ernährung
51 sind normalernährt.
49 sind fehlernährt.
21 sind zu dick.
Von diesen sind 7 fettleibig.
14 hungern.
14 sind mangelernährt.
28 Menschen sind so unzureichend ernährt, dass ihre Gesundheit und ihre Intelligenzentwicklung leiden.

Arbeit
2 Personen gehen geregelter Erwerbsarbeit nach.
20 haben ein Anrecht auf Pensionen oder Renten.
80 sind auf eigene Vorsorge oder Almosen angewiesen.
15 bis 20 sind unterbeschäftigt.
3 gelten offiziell als arbeitslos, in Wirklichkeit sind es viel mehr.

Eigentum
1 Mann besitzt 44 Prozent des Dorfeigentums.
Die 10 reichsten Personen besitzen 84 Prozent.
40 weitere Menschen besitzen 15 Prozent.
Den 50 restlichen Personen gehört zusammen 1 Prozent des Dorfeigentums.
48 Menschen leben von weniger als 2 Dollar am Tag.

Wohnung
15 Personen wohnen in einem Slum.
20 Menschen haben keinen ausreichenden Zugang zu Trinkwasser.
45 Prozent müssen ohne angemessene sanitaäre Einrichtungen auskommen.
40 Menschen sind von Gesundheitsdienstlestungen fast ausgeschlossen.
10 sind behindert, 8 von ihnen gehören zum armen Teil des Dorfes.
16 Einwohner haben Bluthochdruck, 3 sind zuckerkrank; sie gehören zum reichen Teil des Dorfes.
8 leiden unter psychischen Erkrankungen, 3 unter Depressionen, 2 sind alkoholabhängig.
 

Bildung
12 Dorfbewohner sind Analphabeten, davon sind 8 Mädchen und Frauen.
Von 16 schulpflichtigen Kindern geht eines wegen Armut nicht zur Schule.
4 Kinder brechen die Schule verfrüht ab.
17 der insgesamt 50 Mädchen und Frauen sowie 4 Kinder erleiden körperliche oder sexuelle Gewalt.
2 Mädchen werden genital verstümmelt.
 

Konsum
12 Menschen des reichen Dorfteils konsumieren zwei Drittel der verfügbaren Güter und Ressourcen.
Während 14 Menschen zwei Drittel des Stroms verbrauchen, haben 27 Personen überhaupt keinen Zugang zu Strom.

Wenn alle Menschen im Dorf so leben wollten wie die des reichen Dorfteiles, dann könnten nur 22 Personen von den vorhandenen Ressourcen überleben.

 

Soziale Gerechtigkeit in Deutschland

Die Weltbevölkerung ist in den zurückliegenden Jahren stark gewachsen; aber die Wachstumsrate hat sich inzwischen verlangsamt. Insgesamt ist die Menschheit gealtert, die Lebenserwartung ist gestiegen, und viel mehr Menschen als früher haben Zugang zu Bildung. Was sich indes nicht geändert hat, ist die ungleiche Verteilung des Reichtums.

Die Menschen könnten dann sozial gerecht leben, wenn es im „globalen Dorf“, der Welt, keine Armut gäbe, wenn alle Zugang zur Bildung hätten, der Arbeitsmarkt für Arbeitswillige offen stünde und das Einkommen angemessen verteilt wäre.

Selbst in einem reichen Land wie Deutschland sind diese Bedingungen jedoch in befriedigendem Maß nicht gegeben. In der Bundesrepublik hat die Einkommensarmut in den vergangenen zwei Jahrzehnten sogar deutlich zugenommen.

Besonders Besorgnis erregend ist die Kinderarmut. Fast jedes neunte Kind lebt hier unterhalb der Armutsgrenze. Damit sind für sie die elementaren Grundvoraussetzungen sozialer Gerechtigkeit nicht erfüllt. Unter den Bedingungen von Armut gibt es weder soziale Teilhabe noch ein selbstbestimmtes Leben.

Was den sozial gerechten Zugang zur Bildung betrifft, so weist das deutsche Bildungssystem große Defizite auf. Der Bildungserfolg von Kindern hängt von ihrer sozioökonomischen Herkunft ab. Die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder aus einem sozial schwachen Umfeld durch Bildung befähigt werden, am gesellschaftlichen Wohlstand teilzuhaben, ist in Deutschland geringer als in vielen anderen OECD-Staaten.

Obwohl in Deutschland die weltweite Wirtschaftskrise am Arbeitsmarkt deutlich weniger spürbar ist als anderswo, gibt es unter dem Gesichtspunkt sozialer Gerechtigkeit Schattenseiten. Einige gesellschaftliche Gruppen wie Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte haben nach wie vor große Schwierigkeiten, in Beschäftigung zu kommen. Im Hinblick auf die Vermeidung von Langzeitarbeitslosigkeit liegt Deutschland im OECD-Vergleich sogar auf dem vorletzten Platz.

Hinsichtlich sozialer Kohäsion und Gleichheit zeigen sich für Deutschland verschiedene Defizite: Die Ungleichverteilung der Einkommen hat innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte so stark zugenommen wie in kaum einem anderen OECD-Mitgliedsland. Mit Blick auf den Zusammenhalt einer Gesellschaft ist eine solche Polarisierungstendenz bedenklich.

Sehr gute Werte in den zentralen Gerechtigkeitsdimensionen „Armutsvermeidung“ und „Bildungszugang“ weisen insbesondere die skandinavischen Länder auf. Aber auch in Schweden ist die Jugendarbeitslosigkeit hoch. Deutschland liegt lediglich im Mittelfeld des Gerechtigkeitsindexes, südeuropäischen Länder Italien, Portugal und Spanien am Ende (vgl.http://www.bertelsmann-stiftung.de/bst/de/media/xcms_bst_dms_33013_33014_2.pdf).

Nr: 459 Soziale Gerechtigkeit in Europa

(mehr zu den Themen Globalisierung und Armut?) 

Literatur und Links zum Thema Armut

- Ulrich Beck: Was ist Globalisierung? Frankfurt am Main 2007.
- Claus-Heinrich Daub: Globale Wirtschaft - globale Verantwortung, Basel 2005.
- Le monde diplomatique: Atlas der Globalisierung. Die neuen Daten und Fakten zur Lage der Welt, 2007.
- Johann Norberg: Das kapitalistische Manifest. Warum allein die globalisierte Marktwirtschaft den Wohlstand der Menschheit sichert. Frankfurt/M. 2003.
- Boike Rejbein, Hermann Schwengel: Theorien der Globalisierung. Konstanz: UVK, 2008.
- Michael Dellwing: Globalisierung und religiöse Rhetorik: Heilsgeschichtliche Aspekte in der Globalisierungsdebatte, 2008.
 

Ministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zum Thema Armut:
http://www.bmz.de/de/themen/armut/index.html

Informationen der Weltbank über Armut:
http://go.worldbank.org/K7LWQUT9L0

Weltbank über die Messbarkeit von absoluter Armut:
http://go.worldbank.org/93WGM7REV0

Weltbank über nationale Ökonomien:
http://go.worldbank.org/B5PYF93QF0
 
Bundesministerium für Arbeit und Soziales über soziale Sicherheit und Arbeitsmarkt:
http://www.bmas.de/portal/16702/startseite.html

Diakonie über Hartz IV:
http://www.leben-mit-hartz-iv.de

DGB zum Thema Armut:
http://www.dgb.de/

http://www.dgb.de/
 
UNIFEM (UN Development Fund for Women):
http://www.unifem.org

http://www.gender-budgets.org/

UNDP zu Frauenfragen:
http://www.undp.org/women/

UNICEF zu „Bildung für Mädchen":
http://www.unicef.de/

Human Rights Watch zu Frauenfragen:
http://www.hrw.org/german/women/

terre des femmes Deutschland:
http://www.frauenrechte.de

UN zum Thema Frauen:
http://www.un.org/womenwatch/daw/cedaw/

UNESCO zu Frauenrechten:
http://www.dadalos-d.org/
 
Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu Armut und Bildung:
http://www.bmz.de/de/themen/bildung/index.html

Bundeszentrale für politische Bildung über Bildungsarmut:
http://www.bpb.de/publikationen/T3GDNK,0,0,Bildungsarmut.html#art0

UNESCO-Weltbericht „Bildung für alle 2007" (Kurzfassung):
http://www.unesco.de/fileadmin/medien/Dokumente/Bildung/efareport2007dt.pdf

UNICEF über Recht auf Bildung .
http://www.unicef.de/fileadmin/mediathek/download/i_0098_rechtaufbildung.pdf

UNESCO Bericht zu „Education for All 2007":
http://www.unesco.org/education/GMR/2007/Full_report.pdf

Institut der deutschen Wirtschaft, Köln, über "Bildungsarmut und Humankapitalschwäche in Deutschland"
http://www.dihk.de/

 (mehr zum Thema "Globalisierung"?)

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