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Afrika

HIV und Aids, Aidswaisen
(Maren Basfeld, März 2011)
 
Inhalt

Zahlen und Fakten
Ähnlich wie in Südafrika stellt die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) von HIV-Infektionen mit 25 Prozent in Simbabwe eine der weltweit höchsten Infektionsraten dar. Nach den neuesten Zahlen von UNAIDS (von 2011) liegt die Prävalenz bei 14 Prozent (vgl. Report UNAIDS vom 15. März 2011). Jeder vierte Mensch in Simbabwe ist mit dem Virus infiziert. 1000 bis 1500 Menschen sterben jede Woche an Aids. Laut Zimbabwe National HIV and Aids Strategic Plan (2006) sind es sogar 3000.

Die Lebenserwartung der Menschen in Simbabwe sinkt stetig und liegt derzeit bei 44 (Frauen) bzw. 41 Jahren (bei Männern. Einige Schätzungen gehen lediglich von 30 bis 37 Jahren aus). Von 1990 bis 2000 ist die Lebenserwartung um etwa 20 Prozent gesunken (vgl. die Zahlen unter: http://www.weltbevoelkerung.de). Im Jahre 2009 waren bei den 14- bis 49jährigen 12,2 Prozent der Männer und 18,7 Prozent der Frauen HIV-positiv. Jüngste Schätzungen gehen von mittlerweile 25 Prozent aus. In ländlichen Regionen ist oft jeder Zweite oder Dritte mit dem Virus infiziert. 60 Prozent der verheirateten Frauen wenden Familienplanung an. Das Wissen um Verhütung und HIV-Prävention ist zwar vorhanden, die hohe Prävalenz wird aber auf Missbrauch innerhalb der Familien zurückgeführt. Frauen und Mädchen erleben oft massive sexuelle Gewalt (vgl. Report Zimbabwe (2010), S. 104ff sowie http://www.weltbevoelkerung.de). 
 
Kinder mit Aids und Aidswaisen
Jedes zwölfte Kind in Simbabwe stirbt vor seinem fünften Lebensjahr an Aids. Eines von vier Kindern ist Aidswaise, dies ist weltweit die höchste Rate unter Kindern. Insgesamt leben in Simbabwe 6 175 000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Davon sind 1 706 000 unter 5 Jahre alt. Viele der 1,6 Millionen Aidswaisen sind selbst HIV-positiv (
http://www.weltbevoelkerung.de). 100 000 Waisen leben in Kinderfamilien, ganz auf sich allein gestellt (UNICEF, 2007). Meist werden sie vertrieben, geächtet und nicht selten missbraucht. Kinder und Jugendliche, die ihre Eltern wegen HIV und Aids verloren haben, werden stigmatisiert und wie Aussätzige behandelt. Sie sind zu schwach, um sich gegen die Erwachsenen durchzusetzen. Nur 20 bis 30 Prozent der vulnerablen Kinder erhalten irgendeine Form der Unterstützung (vgl. Zimbabwe HIV Strategic Plan (2006), S. 1). Um sich vor dem sicheren Hungertod zu retten, bleibt ihnen oft nichts anderes übrig, als ihr Zuhause zu verlassen und sich auf den Straßen der Städte durchzuschlagen. Die Mädchen gehen der Prostitution nach, um ihre kleinen Geschwister ernähren und notwendige Medikamente bezahlen zu können. Gelegenheitsarbeiten auf der Straße bringen nur ein karges Einkommen (vgl. http://news.bbc.co.uk/2/hi/africa/8538587.stm).
 
Die verwaisten Kinder leben oft bei Großeltern oder entfernten Verwandten, die mit der Versorgung meist überlastet und überfordert sind. Zur Aufbesserung des Familieneinkommens werden sie zum Geldverdienen geschickt. Auf Farmen, beim Straßenverkauf oder in den Minen verrichten sie körperlich anstrengende und überfordernde Arbeiten. Mädchen werden oft zur Prostitution gezwungen. Für das Schulgeld der Aidswaisen können die Verwandten in den seltensten Fällen aufkommen. Verwaiste Kinder und Jugendliche sind dem extrem hohen Risiko ausgesetzt, irgendwann als Obdachlose auf der Straße zu landen (vgl. Zimbabwe Report (2010), S. 92ff).
 
Aufklärung und Prävention
Aufklärungskampagnen, Parolen auf Werbeflächen und Plakate in den Straßen, in Schulen, Krankenhäusern und in Kirchen konnten die Verbreitung der Krankheit in Simbabwe bis heute kaum eindämmen. Seit 2006 verfügt das Land über einen Aktionsplan gegen die Pandemie, den "Zimbabwe National and HIV AIDS Strategic Plan" (ZNASP 2006 - 2010). Dieser Plan will alle Projektpartner im Kampf gegen HIV und Aids koordinieren und den Zugang zu Behandlung und Versorgung der Betroffenen auf nationaler Ebene ermöglichen (vgl. Zimbabwe Strategic Plan (2006), S. 3ff).

Die Beobachtung und Behandlung schwangerer Mütter sowie medikamentöse Eingriffe wie PMTCT Prevention of Mother to Child Transmission verringern das Risiko der Infektion des Kindes. Sexueller Missbrauch und Gewalt in der Familie oder durch Polizisten und Soldaten der ZANU-PF erhöhen das Infektionsrisiko jedoch beträchtlich. Die NGOs, die sich der Missbrauchsopfer, der Kindersoldaten, der Waisen und Straßenkinder annehmen, bemühen sich, die Pandemie mit Aufklärungsprogrammen und durch die Stärkung der Rechte der Kinder einzudämmen.

Das Wissen um Verhütungsmittel und deren Anwendung ist zwar weit verbreitet. Mädchen und Frauen trauen sich jedoch oft nicht, von ihren Partnern nur geschützten Geschlechtsverkehr zu verlangen. Prostituierte haben Kondome zur Hand, aber oft wehren sich die Freier dagegen oder zahlen mehr für Geschlechtsverkehr ohne Präservative. (vgl. Zimbabwe HIV Strategic Plan (2006), S. 13ff).

Trotz all dem gilt Simbabwe als ein aufgeklärtes Land bezogen auf die Infektions-, Behandlungs- und Präventionsmöglichkeiten von HIV und Aids. Laut UNAIDS ging die Prävalenz in den letzten Jahren von 26 Prozent auf 14 Prozent zurück (siehe den neuesten Bericht vom 15. März 2011: http://www.unaids.org/en/resources/presscentre/featurestories/2011/march/20110315zimbabwe/). Dieser Erfolg wird auf Informations- und Präventionsmaßnahmen, auf einen Wandel im sexuellen Verhalten, vor allem aber auf das tägliche Erleben des Todes von Freunden, Verwandten und Bekannten zurückgeführt.

Ursachen und Infektionsrisiken
Die massive Armut, die seit der Kolonialzeit das Leben der schwarzen Simbabwer bestimmt und während der Diktatur Robert Mugabes ein desaströses Ausmaß angenommen hat, stellt die wichtigste Ursache für die Verbreitung von HIV und Aids im Land dar. Es fehlt das Geld für ausgewogene Ernährung, medizinische Hilfe und Versorgung mit Medikamenten.

Traditionelle familiäre Strukturen und Bräuche, die bis zum heutigen Tage zum Beispiel das Leben der Shona und Ndebele bestimmen, begünstigen das Risiko der Infektion mit dem HI-Virus. Nach dem Entrichten des Brautpreises, Lobolla, geht die Braut in den Besitz der Familie des Mannes über und hat nun kein Mitbestimmungsrecht mehr, auch dann nicht, wenn es um ihre Gesundheit oder um das Wohlergehen ihrer Kinder geht. Der Brauch, die Vaginaschleimhäute mit bestimmten Kräutern auszutrocknen, um die Lust des Mannes beim Geschlechtsakt zu steigen, wird weithin praktiziert. Er verursacht innere Risse, Verletzungen und Blutungen bei der Frau und steigert das Infektionsrisiko massiv. (http://www.youtube.com/watch?v=7pEdgx-1dWE).
 
Folgen
Die desolate Situation in den Familien, die von HIV und Aids betroffen sind, hat in den letzten Jahren die Selbstmordrate in Simbabwe extrem gesteigert. Viele Betroffene begehen unter dem Druck, die Kinder ernähren zu müssen, die Krankheit vor Nachbarn, Arbeitskollegen und Verwandten zu verheimlichen und der ständigen Angst vor einem grausamen schleichenden Tod schließlich Selbstmord (vgl. u.a. http://www.youtube.com/watch?v=7pEdgx-1dWE).
Die Beerdigung von Verwandten, wird als Grund, von der Schule fern zu bleiben, längst nicht mehr anerkannt. Bei mehr als 1000 Todesfällen pro Woche wären die Schulausfälle für diejenigen, die überhaupt noch zur Schule gehen, zu gravierend. Beerdigungsinstitute machen gute Geschäfte. Immer neue Friedhöfe müssen eröffnet werden. Diejenigen Familien, die sich kein aufwendiges Grab für ihre Verstorbenen leisten können, kaufen Girlanden und Kreuze aus eingefärbtem Toilettenpapier.
 
Behandlung und Zukunftsvisionen
Nur sieben Prozent der Bedürftigen haben Zugang zu ARVs (Anti Retriviral Treatment) (vgl. Zimbabwe Action Plan, S. 1). Seit August 2010 geht es mit dem öffentlichen Gesundheitswesen zwar wieder aufwärts, dennoch werden 90 Prozent der ARVs von NGOs verteilt. In Simbabwe gibt es mehr Patienten ohne Versorgung mit Medikamenten als im Rest der Welt. Wartezeiten von sechs Monaten oder mehr sind keine Seltenheit. ARV Medikamente für einen Monat kosten 16 bis 20 US Dollar, ein Arztbesuch in Public Hospitals in Städten 10 bis15 US Dollar. In Anbetracht der Hyperinflation und der extremen Armut von mehr als 80 Prozent der Bevölkerung sind diese Summen unerschwinglich. Ende 2009 waren 1,1 Millionen Menschen HIV positiv. 1.080 starben täglich an Aids. Ende 2009 erhielten 215 000 Patienten die überlebensnotwendigen ARVs. Tausende sterben, weil sie weder an Medikamente kommen noch medizinisch behandelt werden. Viele brechen die eine antiretrovirale Behandlung ab, da die Medikamente die Magenschleimhäute angreifen und starke Schmerzen verursachen (vgl. Zimbabwe Report (2010), S. 92ff). Es ist abzusehen, dass auch in den nächsten Jahren Zehntausende Menschen an HIV und Aids sterben werden. Hunderttausende Kinder und Jugendliche werden zu Waisen werden.

Links und Literatur
 
 
 

http://www.unicef.org/infobycountry/zimbabwe_1403.html (zugegriffen am 17.01.2011).

 
Beitrag über Kinder und HIV/Aids in Simbabwe (zugegriffen, am 15.02.2011).

http://www.unicef.org/infobycountry/zimbabwe_38414.html (zugegriffen am 17.01.2011).

http://www.ophi.org.uk/wp-content/uploads/Zimbabwe.pdf (zugegriffen am 17.01.2011).

http://www.avert.org/aids-orphans.htm (zugegriffen am 17.01.2011).

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